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Kolumbien: Umweltzerstörung und systematische Menschenrechtsverstösse:

 Das werfen zwei kolumbianische Menschenrechtsaktivisten der Glencore vor. Unlängst waren sie in Luzern – auch, um für eine Schweizer Volksinitiative zu weibeln. Köpfe recken sich zur Leinwand. Ein farbenfroher Animationsfilm flimmert über die Leinwand. Er führt an diesem Mittwochabend im Sentitreff in der Stadt Luzern in ein beklemmendes Thema ein. Die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien (ASK) organisierte eine Informationsveranstaltung, welche Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden der Mine El Cerrejón thematisiert.

Aktivisten hoffen auf Schweizer Schützenhilfe Die Mine liegt im nordöstlichsten Zipfel Kolumbiens, in der Provinz Guajira und ist die grösste Tagbausteinkohlemine weltweit. Das Thema betrifft die Schweiz. Nicht nur weil fast die Hälfte der geförderten Steinkohle nach Europa exportiert wird und ein Teil davon etwa über deutsche Kohlekraftwerke als Strom in die Schweiz fliesst. Nein, auch weil die knapp 700 Quadratkilometer grosse Tagbaumine zu gleichen Teilen der australischen BHP Billiton, der englischen Anglo American – sowie dem Schweizer Rohstoffunternehmen Glencore gehört. Für diese Rohstoffmultis ist El Cerrejón eine wahre Geldgrube. In etwas mehr als dreissig Jahren sind dort über 650 Millionen Tonnen Steinkohle aus dem Boden gesprengt und gebaggert worden. Der Anstrengungen von über 15000 Personen hätte es bedurft, um diesen «Traum Realität werden zu lassen», schreibt der Minenbetreiber Cerrejón im Nachhaltigkeitsbericht aus dem Jahr 2016. Im selben Dokument äussert sich auch der damalige CEO von Cerrejón, Roberto Junguito, mit den Worten: «Cerrejón ist der Beweis, dass richtig gemanagter Bergbau völlig kompatibel ist mit Umweltschutz.»

Staublungen und verseuchte Böden
Dezidiert anderer Meinung sind die Sozialwissenschafterin Jenny Paola Ortiz, die für die Nonprofit-Organisation CINEP arbeitet und sich seit über zehn Jahren für die Interessen der afrokolumbianischen und indigenen Gemeinschaften einsetzt, sowie Samuel Arregocés, der sich als Sprecher einer afrokolumbianischen Gemeinde für die Rechte der vom Bergbau betroffenen Gemeinden stark macht. Was die beiden schildern auf ihrem zweiwöchigen Aufklärungstrip durch die Schweiz mit Zwischenhalt in Luzern, findet sich nirgends in den über 100 Seiten starken Nachhaltigkeitsreports des Minenbetreibers Cerrejón: Von Kohlestaub gezeichnete Kinderlungen, die schlimmer aussehen als jene eines jahrzehntelangen Kettenrauchers; Schwermetalle in Boden und Wasser, in Pflanzen und Tieren; Flüsse, die umgeleitet, gestaut oder gar komplett ausgetrocknet sind – und so Wasser in der einst wasserreichen Region zu einem knappen Gut haben werden lassen; Indigene und afrokolumbianische Gemeinden, die gewaltsam vertrieben oder aber systematisch schikaniert und in ihren Rechten beschnitten werden. Es ist eine Geschichte der rücksichtslosen Zerstörung der Natur, der lokalen Gemeinden und ihrer Lebensgrundlage, die Ortiz und Arregocés an diesem Abend vortragen und fortwährend mit teils verstörendem Bildmaterial untermauern. Und es ist jene Sicht, die nicht nur die Veranstalterin ASK teilt, sondern auch Menschenrechtsorganisationen wie Swissaid und Multiwatch. Auch die deutsche «Wirtschaftswoche» betitelte vergangenes Jahr eine Reportage mit «An dieser Kohle klebt Blut».

Kommission berät über Gegenvorschlag
In Kolumbien habe man bereits alles unternommen, den Rechtsweg wo immer möglich ausgeschöpft, allerdings ohne dass sich dabei etwas zum Besseren verändert hätte. «Wir haben sogar einzelne Gerichtsprozesse gewinnen können. Umgesetzt sind deren Urteile aber bis heute nicht», sagt Arregocés. Entsprechend grosse Hoffnung setzten die Gäste aus Kolumbien deshalb in die Konzernverantwortungs-Initiative, über deren Gegenvorschlag derzeit eine Subkommission des Ständerates berät. Diese verlangt, dass Schweizer Unternehmen sowie ihre Subunternehmen für Verstösse gegen Menschenrechte und internationale Umweltstandards zivilrechtlich belangt werden können. Sollte die Initiative oder ihr Gegenvorschlag angenommen werden, dann prozessiere man unverzüglich gegen Glencore, sagt Arregocés. Denn selbst wenn man diesen verlieren würde, auch der Ruf des Rohstoffmultis Glencore bekäme weitere Kratzer – was wiederum ein gutes Vorzeichen für Verbesserungen wäre. Denn zu einem Umdenken könne man die Rohstoffmultis nur dann zwingen, wenn es an ihr Eingemachtes geht, glaubt Arregocés: «Ans Image oder Portemonnaie».
Menschenrechte hätten laut Glencore «erste Priorität»
Glencore-Sprecherin Sarah Antenore schreibt auf Anfrage, dass die Einhaltung der Menschenrechte in ihrem Konzern «erste Priorität» geniesse. Zudem habe der Minenbetreiber Cerrejón über 200 individuelle und kollektive Projekte lanciert, um die Lebensgrundlage der Gemeinden vor Ort zu sichern. Und weiter: «Wie bei allen Abbauprojekten sind wir auch in Kolumbien darum bestrebt, den Einfluss auf die Umwelt sowie die lokale Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.»
Glencore steigert in ersten neun Monaten Kupfer- und Kohleförderung
Der Rohstoffhändler und Bergbaukonzern Glencore hat von Januar bis September 2018 mehr Kupfer, Kohle, Nickel und Ferrochrom gefördert als im Vorjahreszeitraum, aber weniger Zink, Blei und Öl. Die eigene Kupferproduktion zog um 12 Prozent an auf 1,06 Millionen Tonnen an, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Produktionsbericht von Glencore hervorgeht. Besonders im dritten Quartal erhöhte sich das Tempo - die Förderung legte um über einen Fünftel zu. Grund dafür war vor allem die Wiederaufnahme der Tätigkeiten in der Mine Katanga in der Demokratischen Republik Kongo. Die Produktion von Kohle erhöhte sich um 6 Prozent auf 96,7 Millionen Tonnen. Dazu trugen die zugekauften Beteiligungen an zwei australischen Minen im Mai und August bei. Zudem erholte sich die Produktion in Australien von den wetterbedingten Störungen 2017. Bei der kolumbianischen Prodeco-Gruppe dagegen wurde die Produktion etwas zurückgefahren, um Produktion und Kosten zu optimieren. Die Ölförderung lag mit 3,4 Millionen Fass um 0,5 Millionen Fass unter der Vorjahresperiode. Das Minus von 14 Prozent führt Glencore vor allem auf natürliche Rückgänge auf den Ölfeldern in Äquatorialguinea zurück. Dafür wurde in Tschad mehr gefördert. Rückläufig war auch die Zinkproduktion, sie sank um 5 Prozent auf 786'000 Tonnen. Aufwärts ging es dagegen bei der Ferrochrom-Produktion, und zwar um 3 Prozent auf 1,145 Millionen Tonnen.
Höhere Kupfer-Förderung geplant
Für das Gesamtjahr stellt Glencore eine Kupfer-Förderung von 1,47 Millionen Tonnen in Aussicht, das wäre ein Plus von einem Fünftel. Die Kohleproduktion soll um 3 Prozent auf 132'000 Tonnen anziehen. Die Ölproduktion wiederum dürfte auf 4,6 Millionen Fass sinken von 5,1 Millionen Fass. Damit hat die Glencore die Prognose leicht nach unten korrigiert. Grund dafür ist ein ungeplanter einmonatiger Produktionsstopp beim Managara-Ölfeld in Tschad. Inzwischen laufe die Produktion aber wieder voll, hiess es in der Mitteilung. Für den Betriebsgewinn (EBIT) im Handelsgeschäft hatte der Konzern seine Prognose zuletzt anlässlich der im August publizierten Halbjahresergebnisse angehoben. Der Marketing-EBIT soll innerhalb der oberen Hälfte von 2,2 bis 3,2 Milliarden Dollar zu liegen kommen. (sda)