Willkommen bei der internationalen Bergarbeiterkoordination (IMC)

Indien: Negative Effekte des Tagebergbaus

Der Kohlebergbau in Indien begann im Jahre 1774. John Sumner und Suetonius Grant Heatly von der East India Company leiteten die kommerzielle Ausbeutung des Kohlereviers von Ranigunj im Staat West-Bengalen ein. Indien verfügt über Kohlevorräte von ca. 306.6 Milliarden (metrische) Tonnen (338.0 Milliarden amerikanische Tonnen), die fünftgrößten Kohlevorkommen weltweit. Indien ist mit 591.4 Millionen Tonnen im Jahr 2014 der viertgrößte Kohleerzeuger auf der Welt.

Zwischen 1961 und 62 gab es in ganz Indien 800 Kohlebergwerke, 45 davon befanden sich in Privatbesitz, bestehend aus 122 Revieren/Abteilungen und 927 Zechen, während lediglich 2 Kohlebergwerke und 46 Zechen zum öffentlichen Sektor gezählt wurden. Insgesamt gab es damals 973 Minen. Heute ist ihre Zahl auf 550 zurückgegangen.  

Vor 1975 gab es in Indien keine Tagebauprojekte (open cast projects = OCPs), bis 1991 eine neue Wirtschafts- und Industriepolitik (Liberalisierung - Privatisierung - Globalisierung (LPG)) eingeführt wurde. Infolgedessen ist auch die Kohleindustrie der soeben erwähnten Politik zum Opfer gefallen. Mittlerweile wurden mehr als die Hälfte der Bergwerke in OCPs umgewandelt.
Die OCPs hinterlassen in den Abbaugebieten riesige Krater, die enorm viel Wasser speichern. Das in den Kratern gestaute Wasser wird veschmutzt, und durch die Vermischung mit Wasserquellen unter der Erde führt es zu deren Kontaminierung. Das verschmutzte Wasser verursacht viele Haut- und Magenerkrankungen. Außerdem sinkt dadurch der Grundwasserspiegel erheblich.

Durch die OCPs kommt es zu einer schwerwiegenden Umweltverschmutzung. Während und nach dem Aushub wird immens viel Bodenfläche benötigt. Der Staub verteilt sich über einen Radius von 25-30km und verursacht schwere Lungenkrankheiten. Sie führen zur Verschmutzung und Verschwendung von Luft, Wasser und anderen Oberflächenressourcen.

Die gewaltigen Explosionen zerstören Häuser, Infrastruktur und vieles mehr. Danach zittert die Erde eine ganze Zeit lang, ähnlich einem gleichzeitig auftretenden Erdbeben. In Regionen, die von dieser tiefgreifenden Verschmutzung betroffen sind, sind viele Menschen stumm geworden. Indem der sich aus den Rückständen entstehende Staub verteilt, bedeckt er Bäume und verschiedene Getreidefelder. In einer solchen Situation ist Photosynthese nicht möglich, da die sich auf den Blättern ablagernden Rückstände eine Schicht bilden, unter der das Chlorophyll nicht imstande ist, Sonnenstrahlen und Luft zu absorbieren. Darüber hinaus können die mit dem Staub bedeckten Bäume und Pflanzen keinen Sauerstoff in die Luft abgeben. Die Pollen können sich untereinander weder selbst- noch fremdbestäuben, und es kommt zu keiner Düngung. Letzten Endes hat dies einen nur spärlichen oder schlicht gar keinen Ertrag zur Folge. Die Pflanzen werden nach und nach absterben, bis es langfristig überhaupt nichts Grünes mehr geben wird. Dieser Vorgang wurde in anderen Industriegebieten bereits nachgewiesen.
Für ein OCP braucht man mindestens mehr als 1.000 Morgen Land. Hunderte von Dörfern sehen sich damit gewaltsamer Vertreibung ausgesetzt, Hunderttausende Morgen Wald werden abgeholzt, obwohl die Regierenden lauthals zu mehr Umweltschutz aufrufen. Tausende von Adivasi, ganze Stämme und viele andere arme Menschen sind von diesen Wäldern abhängig, und deren Erzeugnisse fehlen ihnen nun in ihren angestammten Siedlungsgebieten, was sogar den Verlust ihres Lebensunterhaltes zur Folge haben kann. Sie bekommen weder Entschädigungen oder Rehabilitationspakete, noch fand ein Wiederaufbau statt. Die Geschichte hat gezeigt, und viele Beispiele davon können wir mit unseren eigenen Augen sehen, was im Zuge dieser "Entwicklung" geschehen ist.

Der in einem OCP ausgegrabene Schlamm wird Abraum genannt und  beinhaltet Chemikalien, hauptsächlich Bestandteile von Kohlenwasserstoff. Eine immens große Fläche wird benötigt, um diesen Abraum zu lagern. Dies beeinträchtigt sowohl das Wachstum von Bäumen als auch das von Tieren. Anbauflächen sind davon ebenfalls negativ betroffen, da es zu einem drastischen Rückgang von bewirtschaftbarem Land sowie Ertrag kommt.
Ein Projekt im Tagebau bedeutet nichts anderes als Korruption am hellichten Tag. Seit dessen Einführung wurde dies von zahlreichen Ausschüssen und Untersuchungsberichten glasklar belegt. Bezüglich der Einführung einer deutschen Maschine im OCP-2 führte das Parlament des ehemaligen Staates Andhra Pradesh in Indien eine ausführliche Debatte über Korruption, aber das Projekt wurde trotz aller Vorwürfe mit 5 bis 12 Milliarden Rupien gefördert. Darüber hinaus wurden BG-Panele, hohe Mauern (???) aus Frankreich und Strebe (???) aus Deutschland eingesetzt.

Im Namen der Automatisierung fährt man in den OCPs fort, Kohle durch den Einsatz von Maschinentechnik zu fördern, was gleichbedeutend ist mit einer Reduzierung der Arbeiterschaft. Die entwickelten Staaten haben veraltete Maschinen in Dritte-Welt- oder Entwicklungsländer exportiert und sie so zu einer Müllhalde für überholte Maschinerie gemacht. Der Mangel an sowie die verspätete Lieferung von Ersatzteilen und damit verbundene Verzögerung von Reparaturen hat zu jahrelangen Stilllegungen und Leerlauf geführt. Das konnte man überall in der Kohleindustrie beobachten, vor allem in den OCPs.
Vor 1991 hatte die Kohleindustrie mehr als 600.000 Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Heute sind sie auf 285.000 zurückgegangen. Grade für die OCPs werden nur sehr wenige Arbeiter benötigt, und um Kosten zu reduzieren, wird auf Leiharbeit und Outsourcing zurückgegriffen. Solche Arbeiter verfügen weder über gesetzliche und tatsächliche Rechte noch über minimale Annehmlichkeiten. Leiharbeitern und ihren outgesourcten Kollegen werden weder Arbeitsplatzsicherheit noch Mindestlöhne garantiert. Ihre Leben gleichen einem Blatt im Wind. In vielen OCPs wurden Unfälle registriert.

Ein OCP könnte gerade mal 10 Prozent der gesamten Kohle fördern. Aber die Untertagezechen sind in der Lage, die restlichen 90 Prozent abzubauen. Kohle lagert sich vor allem in den untersten Schichten der Erde ab. Eine Tagebauzeche kann jedoch nur bis in eine Tiefe von 300 Metern unter der Oberfläche fördern. Trotzdem werden 80% der Kohle durch OCPs abgebaut.
Somit stellen sich die Tagebauprojekte praktisch gegen alles und jeden, da sie zu Zerstörung, Vertreibung, Arbeitslosigkeit sowie zu ökologischen Ungleichgewichten führen.
Ort: Hyderabad,                                                       Sadineni VenkateswaraRao
Datum : 06.02.2017                                                             All India Präsident,
                                Indian Federation of Trade Unions (IFTU).
                                    (Indischer Gewerkschaftsverband)