Schlussresolution des 2. Internationalen Bergarbeiterseminars
- Details
- Erstellt: Dienstag, 23. März 2004 01:00
- Zugriffe: 2855
Vom 20. bis 23. Mai 2004 fand auf Einladung von Kumpel für AUF im Arbeiterbildungszentrum in Gelsenkirchen das 1. Internationale Bergarbeiterseminar statt. Ziel des Seminars war die Organisierung des internationalen Erfahrungsaustauschs von Bergleuten über ihre Lage und Kämpfe und das Ziehen von Schlussfolgerungen über die Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des gemeinsamen Kampfes über Ländergrenzen hinweg.
Das Seminar begann am Donnerstag mit der Begrüßung der internationalen Gäste. Den ersten Einblick über den Bergbau in Deutschland und das Leben der Bergleute bekamen sie Freitag durch den gemeinsamen Besuch im Bergbaumuseum und einer Bergarbeitersiedlung. Später wurden die Ergebnisse des 1. Seminars von Kumpel für AUF zur Entwicklung der RAG im Jahr 2002 vorgestellt.
Ein erster Höhepunkt des Seminars war die Aufführung des "Schwazer Knappenspiels – anno 1500" durch die Theatergruppe aus Österreich.
164 Teilnehmer, darunter 10 ausländische Gäste aus 4 Kontinenten, nahmen an den zwei Tagen des Berarbeiterseminars teil. Sie beschäftigten sich am Samstag mit den Berichten aus 21 Ländern. Die Diskussion am Sonntag konzentrierte sich auf drei Hauptaspekte, um auf dieser Grundlage zu gemeinsamen Schlussfolgerungen zu kommen:
1. Die Neuorganisation des internationalen Bergbaus und die unterschiedlichen bzw. übereinstimmenden Folgen für die Bergleute und ihre Familien in den einzelnen Ländern.
Es wurden folgende internationale Haupterscheinungen herausgeschält:
Eine Tendenz zur Rationalisierung der Fördermethoden und zur Angleichung des Produktionsniveaus im unter Tage und über Tage Bau, wodurch Arbeitsproduktivität und Arbeitsbedingungen relativ einander angepasst werden und rückständige Abbaumethoden den fortgeschrittenen weichen müssen. Das schürt einerseits die Konkurrenz zwischen den Bergleuten in den jeweiligen Ländern und vernichtet Hunderttausende von Arbeitsplätzen.
Eine Tendenz zur Privatisierung ehemals staatlich betriebener Bergwerke, wie sie überwiegend nach dem II.Weltkrieg zur Nationalisierung des Bergbaus aufgebaut worden waren
Einen internationalen Konzentrationsprozess auf wenige, dafür am meisten profitable Abbauzentren und –Standorte, wodurch in immer mehr Ländern die Förderung nationaler Kohlevorräte als strategische Energiereserve überflüssig werden. Um die Beherrschung dieser Abbauzentren ist ein heftiger Kampf zwischen den größten internationalen Bergbaumonopolen entfacht, was die allgemeine Kriegsgefahr verschärft.
Das internationale Erfordernis zum Ausbau der Infrastruktur, der Logistik, Transport- und Vertriebsbedingungen, deren Bereitstellung die internationalen Bergbaumonopole als Dienstleistung von den jeweiligen Nationalstaaten verlangen
Das Hineinwachsen der VR China als dem weltweit größten Kohleproduzenten in eine Sonderrolle durch den bevorstehenden Aufbau eines international beherrschenden Bergbaumonopols, was den internationalen Kampf um die Rohstoffreserven und –märkte zwischen den Bergbaumonopolen aufs äußerste verschärfen wird.
Die Tendenz zum Ausbau der Kohleverstromung und zum weltweiten Neubau von Kohlekraftwerken auf modernster technischer Grundlage
Die Tendenz zur Liberalisierung der Märkte für Kohlehandel, Bergbauausstattungen und Kohleveredelungsprodukte zur Erweiterung der Absatzmärkte für die Übermonopole, wobei die internationalen Bergbaumonopole die Weltmarktpreise diktieren
Eine allgemeine Tendenz zur Herabdrückung der Löhne der Bergarbeiter, zur Flexibilisierung ihrer Arbeitszeit, zum Abbau von Bestimmungen und Vorkehrungen der Arbeitssicherheit, kurz: zur allgemeinen Verschärfung der Ausbeutung und Ruinierung der Arbeitskraft der Bergleute.
Zunehmende Erscheinungen des Raubbaus und der Zerstörung der natürlichen Umwelt, der Lebensgrundlagen der Landwirtschaft, der Fischerei usw.
Eine Tendenz der Auflösung der Familien, der Trennung der Bergarbeiter von ihren Familien, der Verschlechterung ihrer Lebens- und Wohnverhältnisse.
Alle diese Tendenzen gehen einher mit der Herausbildung einer internationalen Bergarbeiterbewegung und der Vollendung der materiellen Grundlagen für eine neue sozialistische Gesellschaftsordnung weltweit, in der die Arbeiter, wenn sie die Macht errungen haben, über die Rohstoffe und natürlichen Reichtümer zum gleichberechtigten Nutzen aller Völker verfügen können.
2. Politische und ökonomische Angriffe der Bergbaumonopole, der Staaten oder internationaler Instrumente der Monopole, wie IWF, Weltbank, WTO usw.
Die Neuorganisation des internationalen Bergbaus führt zu einem massiven Angriff auf die Lebenslage der Bergarbeiter und ihrer Familien. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Investitionstätigkeit und Abbau von bürgerlichen und demokratischen Rechten. Die Forderung der Bergbaumonopole nach Wirtschaftssonderzonen ohne Rechte der Arbeiter und ohne Tarifverträge und die Errichtung gewerkschaftsfreier Bergbaubetriebe nehmen weltweit zu.
Dort wo Gewerkschaften unumgänglich sind, versuchen die Bergbaumonopole Betriebsgewerkschaften einzuführen, die unter ihrer direkten Kontrolle stehen, bzw. reformistische Gewerkschaften, die zur bedingungslosen Klassenzusammenarbeit bereit sind. Das wird begünstigt durch die zunehmende Spaltung der Arbeiter in Festangestellte und Leih-, bzw. Zeitarbeiter. Die Monopole haben mit Hilfe ihrer Staaten den Angriff auf die Arbeiterorganisationen begonnen und versuchen die Gewerkschaften zu zersplittern.
Wenn auch in Deutschland das Mittel des Betruges im Vordergrund steht, so nimmt weltweit das Mittel der Gewalt, der offenen Unterdrückung der Bergarbeiter zu. So werden z.B. in Kolumbien die Guerillakämpfe genutzt, um mit dem Hinweis auf die "Terrorbekämpfung" jegliche Arbeiterbewegung zu unterdrücken. Die Bergleute müssen sich weltweit mit dem politischen Betrug und der offenen Gewalt auseinandersetzen, die in der Wirklichkeit eine Einheit bilden, wobei mal die eine, mal die andere Seite im Vordergrund steht.
3. Die Kampf- und Organisationsformen der Arbeiterbewegung – ihre Wirksamkeit und Probleme
Die Bergarbeiterbewegung spielte historisch vielfach eine besondere Rolle. 1934 waren es die streikenden Bergleute von Asturien, die den Kampf gegen die Franco-Faschisten eröffneten. In der Sowjetunion leitete der Bergarbeiterstreik 1989 das Ende von Glasnost und Perestroika ein. In Jugoslawien leiteten die Bergleute den Sturz des Milosevic-Regimes ein. In Bolivien standen 2003 die Bergleute an der Spitze des nationalen Volksaufstands gegen den Ausverkauf der Erdgasvorkommen an die internationalen Monopole.
Grundlegend ist die Überwindung der Zersplitterung der Bergarbeiterbewegung verschiedener Länder durch Richtungsgewerkschaften, sogenannte Betriebsgewerkschaften usw., die ein gemeinsames Vorgehen behindern oder unterminieren.
Wo einheitliche Branchengewerkschaften existieren, ist die Auseinandersetzung um die Gewerkschaft als Kampforganisation der Bergleute zu führen gegen die Politik der Klassenzusammenarbeit der Gewerkschaftsbürokratie, die die Gewerkschaften der Bergleute als Ordnungsfaktor im Interesse der Unternehmer einsetzen wollen.
Die Bergarbeiterbewegung hat die unterschiedlichsten Kampfformen hervorgebracht, Betriebsbesetzungen, Streiks, Demonstrationen, Märsche in die Hauptstädte zum Sitz der nationalen Regierungen, ja bewaffnete, militante Auseinandersetzungen mit Polizei und Militär, denen sie sich nicht beugten. Das hat in einigen Fällen wie in Südafrika, der ehemaligen Sowjetunion, Rumänien, Jugoslawien und Bolivien maßgeblich zum Sturz ganzer Regierungen beigetragen.
Große Kampfentschlossenheit der Bergleute und härteste Kampfformen stehen aber im Widerspruch zur Ungenügenden Entwicklung ihres Klassenbewusstseins und ihrer Organisiertheit sei es gewerkschaftlich oder politisch.
Ohne Überwindung der Zersplitterung der Bergarbeiter im nationalen Rahmen kann die Herstellung der internationalen Einheit der Bergarbeiterbewegung nicht verwirklicht werden!
4. Diese Ergebnisse führen zu folgenden Schlussfolgerungen, für deren Verwirklichung die Seminarteilnehmer sich verpflichten:
Der Gedanken- und Meinungsaustausch zwischen den verschiedenen Bergarbeiterorganisationen soll weitergeführt, intensiviert und ausgeweitet werden. Dazu wird eine internationale Homepage eingeführt, zu der sich alle teilnehmenden Organisationen verpflichten, ihre Erfahrungen und Informationen über die Bergarbeiterbewegung zu veröffentlichen. Mit der Betreuung der Homepage wird "Kumpel für AUF" in Deutschland beauftragt.
Die Konferenz regt an, in bestimmten Abständen, je nach Kräften, finanziellen Möglichkeiten und politischen Erfordernissen, dieses Seminar weiterzuführen und weitere Bergarbeiterorganisationen dafür zu gewinnen. Das Seminar solidarisiert sich ausdrücklich mit dem Streik der Bergleute in Marcona/Peru, den sie gerade für die Erhöhung ihrer Löhne begonnen haben. Ebenso gilt die Solidarität den 22000 Erdölarbeitern in Kolumbien, die seit 29 Tagen im Streik stehen.
Die Teilnehmer verpflichten sich zur gegenseitigen Solidarität bei der Wahrnehmung der Bergarbeiterinteressen und in den Kämpfen zu Verteidigung und Erweiterung ihrer Rechte. Das Ziel ist, schrittweise dahin zu kommen, dass jeder bedeutende Bergarbeiterkampf im jeweiligen Land zu einem gemeinsamen Anliegen der internationalen Bergarbeiterbewegung wird.
Für die Zukunft nehmen wir uns vor, unsere Kämpfe zu koordinieren und unsere Forderungen aufeinander abzustimmen.
Die Bergarbeiterbewegung ist Teil der internationalen Arbeiterbewegung und schließt sich mit allen fortschrittlichen Massenbewegungen der Bauern, der Frauen, der Jugend und der werktätigen Intelligenz zusammen:
- Für soziale Rechte, insbesondere kostenlose Gesundheitsversorgung!
- Für demokratische Rechte und Freiheiten!
- Für den Schutz der Umwelt!
- Für die Erhaltung des Weltfriedens!
- Und den Kampf zur Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung!