Gründungsresolution der Internationalen Bergarbeiterkoordination
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- Hauptkategorie: 1. Internationale Bergarbeiterkoferenz 2013
- Erstellt: Freitag, 03. Juli 2015 22:43
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Arequipa/ Peru, 3.März 2013
Bergleute weltweit –gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft!
Weltweit stehen wir Bergleute für unsere Interessen und die unserer Familien ein. Allein 2011/2012 gab es eine Reihe machtvoller Streiks und Kämpfe Hunderttausender Bergleute in Südafrika, Kongo, Chile, Peru, Kolumbien, Australien, Indonesien, Polen, Spanien, Italien, Philippinen usw. für höhere Löhne, für politische und gewerkschaftliche Rechte, für die Verteidigung der natürlichen Lebensgrundlagen oder gegen die Ausplünderung des Landes durch internationale Bergbaukonzerne. Die Kämpfe der letzten Monate bringen zum Ausdruck, dass die Bergarbeiter immer weniger gewillt sind, die wachsende Ausbeutung hinzunehmen. Sie fordern eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität, Rechte und Freiheiten für die Ausübung gewerkschaftlicher Tätigkeit und die Durchführung von Streiks. Sie lassen sich auch immer weniger von staatlicher Gewalt einschüchtern, wie es die Platinbergleute in Südafrika leidenschaftlich demonstrierten. Dort und in den Kämpfen wie in Spanien, Peru oder Kolumbien wurden die Bergarbeiter wichtiger Orientierungspunkt für den Kampf der breiten Massen.
Wir Bergarbeiter und unsere Familien sind herausgefordert wie kaum zuvor. Die Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion seit Ende der 1980er Jahren hat zu einschneidenden Veränderungen unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen geführt. Seit Beginn der Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008 beschleunigen die internationalen Bergbaukonzerne im Verbund mit Großbanken und Regierungen die Neustrukturierung des Bergbau- und Energiesektors. Dies führt zu tiefen Einschnitten in die Lebensverhältnisse vieler Millionen Menschen. Es wird ein unvorstellbarer Raubbau an den Rohstoffen und unserer Natur betrieben – allein um maximale Profite zu scheffeln. Tausende Bergleute kommen jährlich um oder werden schwer verletzt, weil die Sicherheit vernachlässigt wird. Ganze Landstriche werden verwüstet, Flüsse vergiftet und die Menschen vertrieben. Das lassen wir nicht länger zu!
Unsere Lebensgrundlagen und die der ganzen Menschheit werden durch die Veränderung des Weltklimas bedroht. Die Natur darf nicht länger zur rücksichtslosen Rohstoffplünderung und unverantwortlichen Energieerzeugung zugunsten des Monopolkapitals herhalten. Die Verschwendung wertvoller Rohstoffe untergräbt die Lebensgrundlagen der nachfolgenden Generationen. Wir lassen es nicht länger zu, dass der Schutz der natürlichen Umwelt und unsere Arbeitsplätze von den Bergbaumonopolen und den ihnen unterworfenen Regierungen gegeneinander ausgespielt werden! Statt auf regenerative Energien und die schier unerschöpfliche Kraft der Sonne zu setzen, gehen die Energiekonzerne international zum Beispiel zu Gas-Fracking*) u.a. aus Kohleflözen über. Zugunsten dieses Wahnsinns ist geplant, den Schachtbergbau in vielen Ländern einzustellen. Damit würden Millionen Arbeitsplätze in der Welt wegrationalisiert, das Grundwasser und der Lebensraum ganzer Regionen vergiftet sowie die Klimaerwärmung beschleunigt. Die abenteuerliche Zerrüttung der Erdkruste erzeugt zudem Erdbeben, verseucht die lebensnotwendigen Tiefenwasserresourcen und hat eine Vielzahl weiterer negativer Folgen für die lebensnotwendige Biosphäre der Erdkruste.
Um maximaler Profite und Macht willen werden Energie und Rohstoffe vergeudet, Kriege geführt und mit der Privatisierung der nationalen Reichtümer und ihrem Ausverkauf an internationale Konzerne die Arbeits- und Lebensbedingungen verschlechtert. Das alles ist auch zum Gegenstand der Spekulation auf Kosten der breiten Massen geworden.
Wir wollen stattdessen eine lebenswerte Zukunft für die Völker, uns und unsere Kinder!
Die „Internationale Bergarbeiterkoordination“ hat die Vision einer weltweit verbundenen Bergarbeiterbewegung, die für sich und ihre Kinder darum kämpft, dass die Schätze des Bodens, des Wassers und der Lüfte denen gehören, die sie durch ihre Arbeit erschließen. Sie sollen eingesetzt werden für ein reiches, würdevolles und gesundes Leben aller Menschen in Einklang mit der Natur – ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Dafür wollen wir gemeinsam und international zusammen kämpfen.
Die Herrschenden wissen um ihre Schwäche. Deshalb versuchen sie uns gegeneinander auszuspielen. Sie betreiben heute weltweit die Spaltung der Arbeiterklasse in Nationalitäten. Dazu dient die Hetze gegen andere Völker und unsere Klassenbrüder und -schwestern in anderen Ländern. Die Belegschaften werden immer mehr in fest angestellte Arbeiter, Leiharbeiter, Contractarbeiter oder Zeitarbeiter aufgesplittet. Die Bergleute, die auf handwerklicher Grundlage arbeiten, werden gegen die in der Großindustrie arbeitenden ausgespielt usw. Mit der Methode der Klassenzusammenarbeit wollen sie uns entwaffnen! Wir haben Tausendfach erfahren, dass ihre Reden von „gemeinsam aus der Krise“ nur das Ziel haben, dass wir uns kampflos unter die Interessen der Bergbaumonopole im Kampf um Weltmarktanteile unterordnen und alle Lasten tragen.
Immer weniger ist es heute möglich, sich isoliert voneinander und lokal beschränkt gegen die internationalen Bergbaumonopole durchzusetzen. Was wir brauchen, ist die Einheit der Arbeiter weltweit!
Die Hunderte Millionen Industriearbeiter in der Welt stehen einigen wenigen beherrschenden internationalen Monopolen und den ihnen hörigen Regierungen gegenüber. Allein die Bergleute stellen international ein mächtiges Heer von 22 Millionen dar. Sie können eine überlegene Kraft werden, wenn sie ihre Zersplitterung überwinden und international vereint zusammen kämpfen.
Die Bergarbeiter, die Bauern, die Umweltschützer und die anderen sozialen und Volksbewegungen müssen sich vereinigen und weltweit kooperieren. So können wir unsere Kämpfe erfolgreich koordinieren und höher entwickeln.
Dazu schließen wir uns in der Internationalen Bergarbeiterkoordination zusammen. Sie ist eine internationale Organisationsform der kämpferischen und klassenkämpferischen Bergarbeiterbewegung der Welt, um besser für unsere gemeinsamen Ziele kämpfen und sie durchsetzen zu können.
Die Internationale Bergarbeiterkoordination will die Einheit und Kampfkraft der Bergarbeiterbewegung weltweit sowie ihren Rückhalt in den Bergbauregionen und jeweiligen Ländern stärken.
Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz zu den bestehenden Gewerkschaften. Wir wollen starke, kämpferische Gewerkschaften und setzen uns dafür ein. Wir brauchen vielfältige Organisationsformen, um für unsere Lebensinteressen zu kämpfen. Wir suchen die Zusammenarbeit mit allen die uns dabei unterstützen oder unsere Ziele teilen.
Die Internationale Bergarbeiterkoordination ist sich der Größe dieser Aufgabe bewusst, aber auch der Notwendigkeit, sie in Angriff zu nehmen. Das braucht Zeit und Geduld, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen. Das erwerben wir uns, indem wir auf Augenhöhe und gleichberechtigt die verschiedenen Erfahrungen, Traditionen und Kulturen austauschen und von einander lernen.
Vertrauen muss schrittweise wachsen in der demokratischen Debatte, in der gemeinsamen Vorbereitung und Durchführung international abgestimmter Aktionen der Solidarität, des gemeinsamen Kampfes und seiner Höherentwicklung.
Deshalb waren alle wichtigen Fragen der Arbeit, des Lebens, der Forderungen und Losungen, der Kampf- und Organisationsformen, der Umwelt, der Jugend und Familien usw. Gegenstand der Beratungen und der Beschlüsse der 1. Internationalen Bergarbeiterkonferenz in Arequipa/Peru.
Die 1. Internationale Bergarbeiterkonferenz war eng verbunden mit der Basis und bezog diese breit in die Vorbereitung und Durchführung ein. Gestützt auf sie, wurden alle Schwierigkeiten überwunden.
Dieser Erfolg fußte auf einem internationalen Prozess, der
- von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gleichberechtigt, demokratisch vorbereitet und durchgeführt wurde
- finanziell unabhängig war und
- selbständig von allen gemeinsam organisiert wurde.
Daran muss auch künftig festgehalten werden.
Die Internationale Bergarbeiterkonferenz bleibt grundlegende Methode der Internationalen Bergarbeiterkoordination und fußt auf 3 Säulen:
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Die Generalversammlung der Delegierten aus Ländern mit Bergbau bzw. Bergbautradition. Sie fasst Beschlüsse über Aufgaben, Vorhaben usw. der Internationalen Bergarbeiterkoordination. Jedes Teilnehmerland hat 5 Stimmen und maximal 5 Delegierte. Die Bergarbeiterbewegung in jedem Land muss Wege finden, sich auf ihre Delegierten zu verständigen. Sie wählt sich eine ausschließlich Koordinierende Gruppe für die Koordinierung der Arbeit zwischen den Konferenzen. Sie beschließt weiter über Land und Zeitpunkt der nächsten Konferenz.
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Offene Diskussionsforen und -plenen, die die breite Beteiligung von Einzelpersonen, von Initiativen und Organisationen der Bergarbeiterbewegung und ihrer Freunde ermöglichen und wünschen. Dort sollen Fragen der weltweiten Lage und Kämpfe der Bergleute und ihrer Familien beraten werden. Sie werden von Teilnehmern vorgeschlagen und vorbereitet.
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Kulturelle Veranstaltungen zur Verbrüderung, die die breite Teilnahme der Bevölkerung ermöglichen und sie einbeziehen
Für die Zusammenarbeit in der Internationalen Bergarbeiterkoordination sind unsere Prinzipien:
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Gegenseitige Unterstützung und Solidarität im Kampf für eine lebenswerte Zukunft der Bergleute und ihrer Familien.
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Gleichberechtigung aller Teilnehmer.
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Autonome Entscheidung aller teilnehmenden Kräfte über ihre Positionen und Aktivitäten.
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Verpflichtung aller Kräfte entsprechend ihren unterschiedlichen Möglichkeiten zur Koordinierung der weltweiten Bergarbeiterbewegung beizutragen und Aufgaben verantwortlich zu übernehmen.
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Nichteinmischung in die Organisation und Angelegenheiten anderer Teilnehmer.
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Demokratische Streitkultur auf gleicher Augenhöhe, gegenseitiger Respekt.
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Überparteilichkeit und weltanschauliche Offenheit bei gleichzeitigem Ausschluss offen arbeiterfeindlichen Organisationen.
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Finanzielle Unabhängigkeit und Verpflichtung aller Teilnehmer, entsprechend ihren Möglichkeiten und gestützt auf die Menschen zur Finanzierung gemeinsamer Aktivitäten beizutragen.
Die Generalversammlung wählt eine Internationale Koordinierungsgruppe (ICG) und einen Kassenprüfer. Sie legt auf der jeweils nächsten Konferenz Rechenschaft über ihre Tätigkeit ab. Ihre Aufgabe ist die Koordinierung der gleichberechtigten Zusammenarbeit, Information und gegenseitigen Unterstützung in der weltweiten Bergarbeiterbewegung zwischen den Konferenzen:
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Sie moderiert die internationale Homepage www.minersconference.org, auf der alle Teilnehmer Beiträge veröffentlichen können.
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Sie kann zu internationalen Solidaritätskampagnen und länderübergreifenden Aktionen der Bergarbeiterbewegung aufrufen.
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Sie bestimmt aus ihren Reihen einen Kassierer.
Los mineros unidos, jamas seran vencidos!
(Einstimmig beschlossen von den Bergarbeiter/Innen-Delegierten aus 19 Ländern;
redigiert von der gewählten International Coordination Group (ICG) )
*) Beim Gas-Fracking werden Chemie und Wasser unter hohem Druck in zum Teil tief liegende gashaltige Gesteinsschichten, gepresst, um sie zu zerbrechen und das darin enthaltene Gase zu fördern. Fracking wird heute auch zur Ölgewinnung eingesetzt.