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USA: Hunderte erkranken an Krebs wegen Kohlebergbau

In Minden, einem kleinen Ort mit 250 Einwohnern in West-Virginia im Herzen der Appalachen-Region, lebt Annetta Coffman. Sie berichtet dem US-Magazin „Mother Jones“: “Jeder einzelne meiner Nachbarn ist an Krebs gestorben”. Insgesamt sind es 35 Menschen aus Coffmans Umfeld, die ihr Leben wegen einer Krebserkrankung verloren haben. Darunter auch ihre Mutter und ihr vor drei Jahren erkrankter 18 Jahre alter Sohn. Früher boomte hier die Kohleförderung.

Von 1970 bis 1984 produzierte die “Shaffer Equipment Company” technische Ausrüstung für die Kohleindustrie. In den Produktionsanlagen und Maschinen kam ein Öl zum Einsatz, das zahlreiche Giftstoffe enthält. Dieses Öl wurde anschließend in einer stillgelegten Mine entsorgt, die ebenfalls in Minden liegt. Unter den giftigen Stoffen, die im Öl enthalten waren, war auch PCB, eine Chlorverbindung. Bereits 1979 wurde die Verwendung der Chemikalie von der Umweltschutzbehörde verboten. Denn es ist nachgewiesen, dass PCB Krebs fördert. Dennoch wurde die Chemikalie weiter benutzt. Als dann 1984 Experten des “West Virginia Department of Natural Resources” die Firma inspizierten, stellten sie fest, dass das in der Mine gelagerte Öl den Boden und einen nahe gelegenen Fluss kontaminierte. Jahre später, 2002, hat das “US Army Corps of Engineers” eine Art Kappe für den giftigen Boden und Bauschutt entworfen und installiert. “Die Kappe ist nur ein Pflaster gegen eine Schusswunde”, sagt Brandon Richardson, der Gründer von “Headwaters Defense”, einer lokalen Umweltorganisation. “Hier sind wir Jahre später, und es ist immer noch giftig.” Richardson’s Umweltgruppe führte Umfragen in Minden durch. “Wir haben in den letzten vier Jahren 110 Menschen gezählt, die an Krebs erkrankt oder an Krebs gestorben sind”. Die Behörden ignorieren das Problem. Es gäbe keine Beweise, dass es einen Zusammenhang mit den vielen Krebskranken und der verschmutzten Umwelt gebe. “Es ist schmerzhaft und enttäuschend”, sagt Coffman. “Ich habe das Gefühl, wenn wir eine andere wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung hätten, würde es anders laufen.” Der gesamte Bezirk Fayette, in dem Minden liegt, kämpft mit Armut und Arbeitslosigkeit. 2016 waren dort rund 44.000 Bürger arbeitslos, was einer Arbeitslosenquote von 8 Prozent entspricht. 19 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Inzwischen haben sich die Mindener dafür eingesetzt, auf der Liste eines nationalen Unterstützungsprogramms zu landen. Dahinter steckt ein Fonds, der giftige Orte in den USA identifiziert und dabei hilft, sie zu säubern. Doch es gibt einen Haken: Um dort aufgenommen zu werden, müssten die Behörden offiziell bestätigen, dass Minden verschmutzt ist. Aber das ist bislang nicht geschehen. Annetta Coffman sagt: “Ich liebe unsere Gemeinschaft. Ich liebe die Nachbarn, die ich kenne, seit ich ein kleines Mädchen war.” Trotzdem kann sie sich nicht vorstellen, länger in ihrer Heimatstadt zu bleiben. “Ich möchte mich nicht ständig fragen, ob ich die nächste Person sein werde, die Krebs bekommt.”