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Elsass: Gemeinden kämpfen gegen 40.000 Tonnen giftige Altlasten in elsässischer Kaligrube

Interessiert las ich in der regionalen Zeitung im Markgräfler Land, das auf elsässischer Seite in einem staatlichen Kalibergwerk – Stocamine – 40.000 Tonnen Gifte unter Tage gebracht wurden. Es erinnert mich an den Giftmüll unter Tage in den Bergwerken des Ruhrgebietes. Proteste von Anwohnern, Bergleuten und Umweltorganisationen fordern, die gesamten Tonnen Giftmüll ans Tageslicht zu holen. Kritiker der staatlichen Kalibergwerks-Pläne (MDPA) befürchten, dass in die Stocamine eintretendes Wasser zum Sicherheitsproblem werden könnte.

Die in den Säcken und Fässern enthaltenen Gifte, Rückstände aus Müllverbrennungsanlagen und verseuchte Erden könnten, so fürchten sie, über mehrere Generationen hinweg in das darüber liegende Grundwasser gedrückt werden. Eine Versiegelung und Abdichtung mit Beton dürfte diesen Prozess bestenfalls hinauszögern, so die Bedenken. Zwischen 2014 und 2017 waren auf Betreiben der damaligen französischen Umweltministerin 95 Prozent des ursprünglich in der Stocamine gelagerten Quecksilbers, zudem Arsen und Pflanzenschutzmittel, entfernt worden. Zudem sind an den Bestandslisten für die in 500 Metern Tiefe lagernden Behälter zumindest Zweifel angebracht. So durften Chargen, die als Asbest gekennzeichnet waren, bei der Anlieferung nicht geöffnet werden. Asbest sollten schließlich auch jene Gebinde enthalten, die sich im September 2002 unter Tage entzündeten. 11 Tage lang brannte in der elsässischen Gemeinde Wittelsheim die größte Giftmülldeponie Frankreichs. Das Feuer ist erloschen, doch schlaglichtartig hat es Licht auf die unhaltbaren Zustände in der ehemaligen Kalimine geworfen. So waren es dann die Kumpel der Nachbarmine Amelie, die das Feuer entdeckten. Die Feuerwehr war machtlos. Der betroffene Bereich wurde zugemauert, um das Feuer langsam zu ersticken. Verharmlost wurden die Gefahren der Stocamine immer. Ehemalige Kalikumpel, wie Etienne Chamik, die vor den Gefahren in der Mine warnten, wurden angegriffen. Chamik, der viele Jahre in der Mine gearbeitet hat, warnte stets vor möglichen Grubengasexplosionen: 1987 hatten wir einen Gasausbruch mit Tausenden Kubikmetern Gas, und schon mehrfach gab es Gas in dem Stock, wo man jetzt gräbt. Tatsächlich handelte es sich um vermischte Brandrückstände eines Lagers für Pflanzenschutzmittel. Der Gestank einer austretenden Flüssigkeit hatte die Arbeiter bereits an der Eingangskontrolle misstrauisch gemacht; über ihren Widerstand setzte sich die Leitung hinweg. Nach nur drei Jahren Betrieb wurde die bis heute einzige französische Deponie für toxische Abfälle geschlossen. Es gab weitere regelwidrige Einlagerungen, die erst nachträglich auffielen. Bei der partiellen Auslagerung 2014 bis 2017 bekamen die Angestellten eines Subunternehmens schließlich Unerwartetes zu Gesicht. In einer Vielzahl beschädigter Behälter befanden sich medizinische Abfälle, benutztes Verbandsmaterial, Spritzen, Altöl, feste Schmierfette, arsenhaltige Rückstände – Abfälle, für die Stocamine keine Genehmigung hatte. Damals wurde nach einer Klage von Alsace Nature und der europäischen Gebietskörperschaft Elsass (CEA) die unmittelbar bevorstehende Errichtung der Betonbarrieren bis zu einer ausführlichen Verhandlung unterbrochen. Mitte Dezember waren die Parteien, die staatlichen elsässischen Kalibergwerke (MDPA) als Verwalter von Stocamine und Alsace Nature wie die CEA, erneut vor Gericht gehört worden. Das Gericht hat sich nun für die Klägerseite ausgesprochen, die eine Endlagerung verhindern und eine Bergung von so viel des Giftmülls wie möglich bewirken will. Mehrere Gutachten in den vergangenen Jahren unterstützen ihre Befürchtung: Mit zunehmender Instabilität der Stollen und eintretendem Grundwasser könnte Gift aus der in etwa 500 Meter Tiefe eingerichteten Lagerstätte das Trinkwasserreservoir zumindest im Süden des Elsass verunreinigen. Was mit dem Giftmüll geschehen soll, ist seit einem Brand 2002, der durch illegal eingelagerte Abfälle ausgelöst wurde und der zur Stilllegung der Deponie führte, in der Schwebe. Das neue Antragsverfahren, mit dem die MDPA sich um eine erneute Genehmigung für die Stocamine bemühen, ist auch für die Kritiker eine Chance. Experten wie der Schweizer Geologe Marcos Buser schätzen eine Auslagerung von Stocamine ohnehin um ein Vielfaches kostengünstiger ein als die MDPA, die sie auf 450 Millionen Euro beziffern. Der Staat hatte bei der Inbetriebnahme versprochen, dass Stocamine reversibel ist, und steht jetzt in der Pflicht. Dem Schutz von wertvollem Trinkwasser gehört absoluter Vorrang!! Der Giftmüll muss nach oben geholt werden!! Hintergrund: Straßburger Gericht untersagt weiterhin Betonarbeiten an Giftmülldeponie Stocamine